Die Theorie von Darwin (System zu Erklärung der Artentransformation durch natürliche Auslese) lässt sich auch auf die Digitalisierung der Unternehmen übertragen. Der Begriff des digitalen Darwinismus beschreibt treffend den Prozess, in dem sich viele Unternehmen und Branchen befinden, und auch die Situation, dassUnternehmen, aber auch ganze Branchen sich den veränderten Rahmenbedingungen nicht schnell genug anpassen und deshalb vom Markt überholt werden und verschwinden.
Den meisten Unternehmen gelingt die Digitalisierung nur bedingt. Auch etablierte Unternehmen haben trotz ihrer Erfahrung, Kapital und zahlreichen Mitarbeitern Probleme, die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen. Nicht mehr der Stärkere frisst den Schwächeren, sondern der Schnellere den Langsameren. Ersteres sind die Unternehmen, die schnell auf die technologischen Veränderungen reagieren und das Geschäftsmodell an die Kundenerwartungen anpassen.
Heute stellen Megatrends ganze Branchen auf den Kopf. Dennoch setzen viele Unternehmen nicht auf neue Technologien und können den Herausforderungen der Digitalisierung nicht standhalten. Eine notwendige Überlebensstrategie ist dabei, verstärkt auf neue digitale Technologien zu setzen.
Die digitale Evolution ändert nicht nur das Verhalten auf Nutzerseite, sondern auch die örtliche und zeitliche Nutzung.
Keine Branche ist vor der digitalen Transformation mehr sicher. Dennoch versuchen sich viele Manager über die Digitalisierung in die Pension zu retten. Mit mäßigem Erfolg. Den steigenden Anforderungen sind bereits etliche bekannte Firmen zum Opfer gefallen.
Das Versandhaus Quelle hat jahrzehntelang in regelmäßigen Abständen in jeden Haushalt Kataloge versendet. Darin wurden unter anderem Kleidung, Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände mit Fotos präsentiert, die man dann via Post, Fax oder Telefon bestellen konnte. Trotz hoher Beliebtheit musste das Unternehmen 2009 Insolvenz anmelden.
100.000 Pakete pro Tag
Das Versandhaus war bekannt für die damals moderne Versandanlage und ihr CRM-Programm. Damit war das Unternehmen in der Lage, 100.000 Pakete pro Tag zu verschicken. Als der Newcomer Amazon bekanntgab, Bücher über das Internet zu verkaufen, zeigte sich Quelle unbeeindruckt, und zwar auch dann noch, als Amazon verkündete, dass sie zukünftig neben Büchern weitere Produkte zu deutlich günstigeren Preisen und billigeren Lieferkosten anbieten würden. Quelle verpasste den Umstieg in das Online-Business und versuchte es erst im Jahr 2009 mit E-Commerce. Schlussendlich scheiterte Quelle an der Digitalisierung.
1888 wurde die erste Kodak-Kamera von Gründer George Eastman vorgestellt. Dazu entwickelte er die Kamera „Brownie“ inklusive eingelegtem Film, zusammen damals nur einen US-Dollar kosten sollte. Damit wurde die Kamera massentauglich. 1935 brachte das Unternehmen den ersten Farbfilm für Hobbyfotografen auf den Markt und setzte damit für viele Jahrzehnte einen neuen Maßstab. Im Jahr 1969 schoss Neil Armstrong mit einem Kodak-Film Bilder von der Mondoberfläche, die bis heute zu den berühmtesten in der Geschichte der Fotografie gehören.
Kodak erfand 1975 die erste digitale Kamera der Geschichte, die in der Lage war, Fotos in einer Qualität von 100×100 Pixel zu machen. Die Ironie des Schicksals ist, dass diese Entwicklung später das Unternehmen in die Insolvenz trieb. Das Management war wenig begeistert von dieser Innovation, und mit Rücksicht auf das bestehende Geschäftsmodell (denn Kodak verdiente viel Geld mit den Filmen) wurde die Idee nicht konsequent weiterverfolgt. Ende der 1970er Jahre hatte das Unternehmen einen Marktanteil bei Filmen von rund 90 Prozent, bei Kameras immerhin von 85 Prozent. Das Unternehmen sah die digitale Fotografie als Bedrohung für sein Kerngeschäft, daher kam diese Erfindung nicht auf dem Markt.
Kodak klammerte sich bis zuletzt an das überholte Geschäft mit der analogen Fotografie. Den Erfolg mit digitaler Fotografie hatten dann andere Unternehmen, allen voran Nikon und Canon. 2011 schrieb der einstige Pionier einen Verlust von mehr als 230 Millionen US-Dollar und meldete 2012 Insolvenz an.
Nokia war in den 1990er Jahren äußerst innovativ und Weltmarktführer bei Handys. 1996 brachte Nokia sogar das erste Smartphone auf den Markt, was sich jedoch zu dieser Zeit nicht verkaufte. (Der Durchbruch damit gelang erst Apple zehn Jahre später: Das iPhone verkaufte sich zig Millionen Mal.) Das Management von Nokia hatte jedoch 2006 den Fokus auf die Produktion traditioneller Standardhandys mit Tastatur gelegt, anstatt weiter Innovationsprojekte voranzutreiben. Die Strategie der Geschäftsführung war, kurzfristige Gewinne zu erwirtschaften. Doch die Konkurrenz eroberte innerhalb kürzester Zeit die Märkte. Nokias Marktanteile stürzten von 2007 bis 2012 ins Bodenlose. 2014 stand Nokia vor dem Aus und verkaufte seine Geschäftssparte an Microsoft.
Das nachfolgende Video zeigt auf eindrucksvoll Unternehmen, die an der Digitalisierung gescheitert sind und Unternehmen die die disruptiven Veränderungen erfolgreich gemeistert haben.
Aus Unternehmenssicht bietet die Digitalisierung sowohl große Chancen als auch große Risiken. Beispiele wie Quelle, Kodak und Nokia zeigen, dass selbst Marktführer um ihre Existenz fürchten müssen, wenn sie eine technische Entwicklung verschlafen.
Das eigene (noch) funktionierende Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen und möglicherweise als nicht zukunftstauglich zu verwerfen, ist eine der schwierigsten Aufgaben, der sich Unternehmen und das Management stellen müssen. Ebenso schwierig ist die Etablierung eines neuen, digitalen Geschäftsmodells. Häufig fehlt die notwendige Kompetenz, oft aber auch der Wille zur Veränderung. Auch wenn das traditionelle Geschäftsmodell über lange Zeit krisensicher und gewinnbringend war, es ist trotzdem mit hoher Wahrscheinlichkeit noch verbesserbar. Das gilt selbstverständlich auch für steuerberatende Berufe.
Die größten Fehler der Unternehmen sind, nicht zu digitalisieren und neue Ideen voranzutreiben. Oft sind sie zu zögerlich bei neuen Ideen, haben Angst vor Produktkannibalisierung und nicht linearen Innovationszyklen. Das Management trägt Verantwortung für die Planung und Strategien der Digitalisierung und muss auf neue Trends setzen.
Mehr dazu im Buch: Setnicka/Krippner/Rosar (Hrsg), Digitalisierung im Steuer- und Rechnungswesen (2020)
Bitte seid nett zu einander. Wir behalten uns vor Kommentare zu löschen, die gegen unsere Netiquette verstoßen.