Was bedeutet Tax Tech(nology)?
17.05.2021taxelerate presents: Finmatics
14.06.2021Digitalization Accounting – quo vadis?
Das Schreckgespenst Digitalisierung – Hilfe! Mein Job wird durch Roboter ersetzt!
Die Pointe gleich vorweggenommen: Ja es tut sich einiges, wer Willen zur Veränderung und die Bereitschaft sich weiterzuentwickeln zeigt, muss nichts befürchten.
Wenn man unter www.job-futuromat.iab.de (herausgeben vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung Deutschland) die Berufsbilder Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Buchhalter abfragt, gelangt man zu folgender Automatisierbarkeit der Berufsbilder, per Stand 02.01.2021:
- Steuerberater: 8 von 11 Kerntätigkeiten = 73%
- Wirtschaftsprüfer: 8 von 14 Kerntätigkeiten = 57%
- Buchhalter: 7 von 8 Kerntätigkeiten = 88%
Stehen wir jetzt wieder am Anfang? Doch der Ersatz durch Roboter? Schauen wir genauer hin.
Was zeigen uns diese Zahlen? Der Berufsstand der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Buchhalter wird sich in den nächsten Jahren drastisch verändern. Mit zunehmendem Technologieeinsatz verschieben sich nicht nur Kompetenzen, es können damit auch Kapazitäten für neue Beratungsfelder geschaffen werden.1
Wer beispielsweise an einer papierenen „old-school“ Buchhaltung festhält, wo die Leistungserstellung für den Klienten darin besteht, Zahlen manuell von Papier in eine Datenbank zu übertragen, wird über kurz oder lang nicht mehr konkurrenzfähig sein.
Gerade im Bereich der Buchhaltung sind durch den Technologieeinsatz die größten Umbrüche im Laufen: Direktübernahmen mittels Schnittstellen aus dem Fakturierungsprogramm des Klienten, elektronische Kontoauszüge zur automatisierten Bankauszugsverbuchung, OCR-Erkennung (Opitical Character Recognition = Texterkennung) zum Auslesen von Eingangsrechnungen uvm.2
Digitalisierung im Bereich der Buchhaltung ist aber mehr als der bloße Einsatz von Technologien, sondern die Kommunikation und der Umgang mit dem Klienten wandelt sich, kurz gesagt die komplette Customer Experience im Bereich der Buchhaltung verändert sich und muss sich auch verändern.3
Viele Unternehmen konzentrieren sich aber genau darauf eben nicht: Ihr Kerngeschäft wird digitalisiert und geworben wird mit den gleichen Leistungspaketen wie von vor 20 Jahren. Stattdessen sind intelligente digitale Services/Beratungsfelder zu entwickeln, die den Klientenzugang verbessern und einen Mehrwert für den Klienten bieten. Schneller, besser, billiger im Kerngeschäft ist ein Aspekt, aber nicht derjenige der im Bereich der Digitalisierung den Unterschied macht um am Markt herauszustehen und nachhaltig bestehen zu können.
Frei nach Dean Leffingwell: „Jedes Business ist ein mittlerweile Softwarebusiness, also arbeite auch wie eines.“
Mitarbeiter/Kollegen im Accounting-Prozess: klassischer Buchhalter vs. Digital Accountant
Um den Technologieeinsatz und die damit verbundenen neuen Beratungsfelder erschließen zu können benötigt es top ausgebildete Mitarbeiter/Kollegen. Nur mit Expertise kann optimal für den Klienten ein Mehrwert geschaffen werden.
Auch wenn in der Literatur vermehrte Kenntnisse in den Bereichen Prozessmanagement, IT-Kenntnisse zur Datenanalyse (dabei reichen schon erweiterte MS Excelkenntnisse) und die Bereitschaft Neues kennenzulernen gefordert werden, zeigt eine von der FH Oberösterreich Campus Steyr durchgeführte Studienreihe, dass sich die geänderten Anforderungen in den Stellenausschreibungen noch nicht widerspiegeln.4
Ein Trend hin zum Digital Accountant lässt sich daher noch nicht anhand der Stellenausschreibungen direkt ableiten. Wenn man allerdings einen Blick auf die Zusatzausbildungen legt, die von der Ständevertretung angeboten werden, kann man eine klare Richtung erkennen. So bietet die Akademie der Kammer für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bereits Weiterbildungen im Bereich der Schnittstellenkompetenz zwischen MS Excel und unterschiedlichen ERP-Systemen an bis hin zu ganzen „IT- Accountant“ Lehrgängen, welche die ersten Absolventen 2019 abschließen konnten.5
Aber auch im universitären Bereich werden Zusatzausbildungen angeboten wie bspw. der „Zertifizierungslehrgang zum Digitalisierungsmanager im Bereich Steuer- und Rechnungswesen“ von der FH Campus Wien Academy. Dort werden erweiterte digitale Kompetenzen sowie Spezialwissen in den Bereichen Steuer- und Rechnungswesen, Datenschutz und Datensicherheit sowie Führung vermittelt um Digitalkompetenzen, welche über den Technologieeinsatz hinausgehen, zu erlangen.6
Conclusio und Ausblick
Mit den fortschreitenden technologischen Maßnahmen verschiebt sich der komplette Leistungserstellungsprozess von einer Buchhaltung, die bloß zu steuerlichen Zwecken erstellt wird und den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Buchhaltung für das Finanzamt erfüllt, hin zu einem kooperativen Leistungserstellungsprozess mit dem Klienten.
Wichtig dabei ist, dass das notwendige Know-How aufgebaut wird, um die jeweilige prozessuale Änderung mitzutragen, die Klienten optimal im technologischen Umstellungsprozess zu begleiten und neue Beratungsfelder erschließen zu können.
Kein einzelnes Unternehmen - geschweige denn eine ganze Branche - kann den Wandel jedoch allein bewältigen. Es etablieren sich rund um die Steuerberatungsbranche zahlreiche Technologieunternehmer, welche für Klein- und Mittelunternehmen Softwarelösungen anbieten. Diese können in die bestehenden Beratungsfelder integriert und neue erschlossen werden. So kann man nachhaltig am Markt wachsen und bestehen.
Muss man also Angst von den Robotern haben, die einem den Job wegnehmen? Nein, man kann sie als Hilfestellung annehmen, um gemeinsam mit dem Klienten einen Mehrwert zu schaffen.7
1 Vgl. Bayerl/Krippner/Sikora, Steuerrechtliche Anforderungen und Entwicklungen im Bereich Steuern und Rechnungswesen, in Setnicka/Krippner/Rosar (Hrsg.), Digitalisierung im Steuer- und Rechnungswesen (2020) 277.
2 Hübl, Kritische Erfolgsfaktoren bei der Digitalisierung von Wirtschaftstreuhandkanzleien, in Setnicka/Krippner/Rosar (Hrsg.), Digitalisierung im Steuer- und Rechnungswesen (2020) 201
3 Vgl. Ploier/Mayr/Baschinger, Digitalisierung im Rechnungswesen und Controlling: Praktische Aspekte der Steuer- und Unternehmensberatung, SWK 2020, 1284
4 Vgl. Leitner-Hanetseder/Emhofer/Karrer/Winzer, Buchhalter oder Digital Accountant? Wonach sehnen sich österreichische Arbeitgeber 2020? CFO-aktuell 2020, 190.
5 Vgl. Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Ausbildungsprogramm https://www.akademie-sw.at (10.01.2021).
6 Vgl. FH Campus Wien Academy, Zertifizierungsprogramm https://www.campusacademy.at/angebot/detail/zertifikatsprogramm-digitalisierung-im-steuer-und-rechnungswesen-SoS2020 (22.05.2021).
7 Vgl. Stiastny, Customer Experience der digitalen Buchhaltung bei Fremderstellung, Abschlussarbeit Zertifizierungsprogramm Digitalisierungsmanager (2021), 16.
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