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21.10.2021
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13.11.2021Interview mit Dr. Gerhard Laga (WKO) über das Nutzungspotential von E-Rechnungen
Zu seinen Aufgaben als Leiter, Wirtschaftskammer Österreich, E-Center gehören: KMU DIGITAL, Digital:Now, E-Rechnung (alle Fragen in Zusammenhang mit elektronischen Rechnungen), IT-Sicherheit, XML, EDI, Datenaustausch, AUSTRIAPRO (Vorstand des Vereins), Digitale Identitäten, Wirtschaftsportalverbund, E-Procurement/E-Vergabe und E-government (elektronische Verwaltung)

1. Frage: Wer sind Sie und welche Rolle haben Sie in Ihrer Funktion?
In Bezug auf elektronischen Rechnungen habe ich zwei Rollen. Auf der einen Seite bin ich seit der Einrichtung des WKÖ E-Center im Jahr 2005 für dieses zuständig. Wir befassen uns mit der Erarbeitung von digitalen Services und Mitgliederinformationen zu digitalen Themen. Um Informationen zur E-Rechnung zu kommunizieren, haben wir auf wko.at speziell für das Thema E-Rechnung einen Bereich (www.wko.at/erechnung) eingerichtet, auf dem Unternehmer auf Tools und Informationen dazu zurückgreifen können. Außerdem veranstalten wir jährlich einen Kongress, um Unternehmen an das Thema E-Rechnungen aber auch E-Beschaffung heranzuführen. Auf der anderen Seite darf ich seit 15 Jahren beim Verein AustriaPro den Arbeitskreis E-Billing leiten. Hier geht es eher um technische Angelegenheiten. Der Verein beschäftigt sich nämlich bereits seit den 80er Jahren mit dem strukturierten Austausch von Businessdaten. Der Fokus liegt hier auf den XML Standards, darunter auch ebInterface, ein Format, welches in Österreich am stärksten vertreten ist. Dieses Format wird auch vor allem dafür genutzt, um strukturierte Rechnungen an die Bundesverwaltung zu schicken. Das Ziel von ebInterface ist, ein schlankes Format mit eindeutigen Feldbeschreibungen zu Verfügung zu stellen, um damit die Nutzung von E-Rechnungen zu vereinfachen.
2. Frage: Was sind E-Rechnungen und für was sind diese gut?
Die meisten österreichischen Unternehmer verstehen unter dem Begriff E-Rechnungen digitalisierte Papierrechnungen, sprich PDF-Rechnungen. Dies ist allerdings ein weitverbreiteter Irrtum. E-Rechnungen sind elektronische Rechnungen in strukturierter Form (meist im XML-Format), deren Informationen so codiert sind, dass sie beim Empfänger von Software automatisch eingelesen und weiterverarbeitet werden können.
3. Was sind die Vorteile von E-Rechnungen gegenüber klassischen Rechnungen auf Papier oder als PDF?
Der klassische Vorteil von strukturierten Rechnungen gegenüber PDF-Rechnungen ist, dass mit Hilfe einer Auftragsbuchhaltung der Rechnungsverkehr komplett automatisiert werden kann. Aus rechtlicher Sicht muss aber dem elektronischen Empfang von Rechnungen zugestimmt werden. Aus dieser Sicht heraus sind die Vorteile von strukturierten E-Rechnungen gegenüber PDF nicht so leicht darstellbar: Beim Empfang von PDF-Rechnungen ändert sich nämlich beim empfangenden Unternehmen kaum etwas, nur druckt nun meist der Empfänger die Rechnung aus und tippt sie erst wieder ab. Bei echten strukturierten E-Rechnungen sollten natürlich beide Parteien, Sender und Empfänger, mit einem Format arbeiten, dass auf beiden Seiten automatisiert werden kann.
Somit gibt es hier oft ein Kommunikationsproblem, denn oftmals ist es schwierig, besonders bei neuen Kunden, zu wissen, ob der Kunde mit E-Rechnungen arbeitet. Die Finanzabteilungen der verschiedenen Unternehmen haben wenig direkten Kontakt, weshalb hier eine Kommunikationslücke entsteht. Hier befinden wir uns daher schon sehr stark im Change-Management. Der Einkäufer müsste nämlich von vornherein mit seiner Buchhaltung zusammenarbeiten. Dies ist leider viel zu wenig der Fall, da dies massive Änderungen in der Unternehmerstruktur bedeuten würde. Auf Geschäftsführerebene wird das allerdings noch nicht erkannt und daher weiterhin an veralteten Strukturen festgehalten. Hier könnten uns also nur gesetzliche Maßnahmen, wie in Italien weiterbringen. Italien ist viel weiter mit diesem Thema, da hier strukturierte Rechnungen gesetzlich vorgeschrieben sind. Als Gegenzug müssen die Rechnungen in Italien nicht mehr vonseiten der Unternehmer archiviert werden, da dies nun der Staat übernimmt. Es entstehen also viele Vorteile, die auch in Österreich sinnvoll wären.
Vorteile E-Rechnung
- komplette Automatisierung
- keine Archivierung
- Ressourceneinsparend für Finanzabteilungen
4. Warum gibt es einen Bedarf für E-Rechnungen in Österreich? Warum sollten möglichst viele Unternehmer diese nutzen (sowohl in B2G als auch B2B)?
Generell geht es darum, dass wir die menschliche Arbeitskapazität für sinnvollere Sachen verwenden sollten als für das manuelle Eintippen von Rechnungen. Viele der digitalen Rechnungen werden beim Empfänger wieder ausgedruckt, manuell abgetippt und auf Papier archiviert, was Zeitverschwendung ist. Diese Daten könnten heutzutage schon lange so strukturiert übermittelt werden, dass niemand mehr Rechnungsdaten manuell eintippen müsste. Wir reden hier von etwa 50.000 Vollzeitäquivalenten allein in Österreich, deren Hauptaufgabe es ist, Rechnungen abzutippen. Diese Arbeitskräfte könnten sinnvollere Sachen machen. Leider hat dieses Thema aber noch keinen großen Stellenwert im Unternehmertum, was eine Veränderung sehr schwer macht. Ein Bedarf besteht dennoch allemal, denn allein in Österreich gibt es beim Einsatz von 80% E-Rechnungen zwischen Unternehmen ein jährliches (!) Nutzenpotential von 8 Mrd. Euro! Dieser enorme Nutzen ergibt sich hauptsächlich aus der Mitarbeiterzeit die eingespart und für andere sinnvollere Tätigkeiten genutzt werden könnte.
Generell geht es darum, dass wir die menschliche Arbeitskapazität für sinnvollere Sachen verwenden sollten als für das manuelle Eintippen von Rechnungen.

5. Welche E-Rechnungs-Standards werden in Österreich genutzt? Welche Rolle spielt PEPPOL-UBL für den Rechnungsaustausch innerhalb Österreichs und in einem internationalen Kontext? (Ändert sich dies in der Zukunft eventuell zugunsten eines Standards?)
In Österreich wird im Bereich der „echten“ E-Rechnung hauptsächlich ebInterface verwendet, weil es als erstes da war und natürlich, weil es verpflichtend für Lieferungen an den Bund ist. Was Peppol angeht, sind wir immer noch ein Entwicklungsland. Neben diesen zwei Formaten gibt es nur wenige Ausnahmen. Im Baubereich gibt es zum Beispiel eine ÖNORM für die Verrechnung und im Bereich von Stromrechnungen steht ein Fork von ebInterface zur Verfügung. Im internationalen Kontext sehe ich jedenfalls eine Chance für PEPPOL, einfach weil es den internationalen Rechnungsaustausch erheblich beschleunigt. PEPPOL war ja erst ein reines EU-Projekt, in dem Österreich durch das Finanzministerium von Anfang an dabei war. Das Problem ist nur, dass es kaum promotet wird, da es bis jetzt keine dafür zuständige Stelle in Österreich – eine sogenannte „national Authority“ – gibt.
Was ist PEPPOL?
- Peppol ist eine internationale Transport-Infrastruktur, welche es ermöglicht elektronische Rechnungen über ein gesichertes Netzwerk auszutauschen. Der hierfür genutzte XML-Standard ist UBL (Universal Business Language). Sowohl der Empfänger als auch Übermittler der E-Rechnung müssen hierbei in PEPPOL registriert und authentifiziert sein.
6. Wie weit sind E-Rechnungen in Österreich bereits verbreitet? Wird es nur in B2G oder auch in B2B genutzt?
In Österreich ist PEPPOL noch nicht weit verbreitet. EbInterface wird dagegen von etwa 10% der Unternehmer auf B2B-Ebene genutzt. Auf B2G-Ebene fast 100% da es verpflichtend ist. Anderweitig wird jedoch immer noch PDF genutzt.
Es werden nur 10% auf B2B Ebene genutzt.
7. Was steht einer breiten Annahme von E-Rechnungen noch im Wege? Was ist für eine breite Nutzung notwendig (z.B. welche Tools und Systeme)?
Ich denke, dass es besser abgestimmter Maßnahmen zwischen den Unternehmen, der Exekutive wie z.B. den Finanzämtern und dem (EU-)Gesetzgeber bedarf. Die EU-Kommission ist bei dem Thema ja bereits seit 2005 tätig und ist auf europäischer Ebene der beste Treiber des Themas. An der fehlenden Infrastruktur, bzw. am Mangel von Tools liegt es meiner Meinung nach nicht. Es fehlt auch einfach das Interesse der Unternehmen. So bieten wir z.B. selbst kostenlose Tools online an (service.ebinterface.at), die aber einfach nicht genutzt werden.
8. Können Sie sich vorstellen, dass Unternehmen wie Informer (Digitales Rechnungsprogramm) diese Verbreitung unterstützen können?
Ja, natürlich. Es kann immer helfen aufzuklären, damit die Nutzer erstmal informiert werden, dass es E-Rechnungen überhaupt gibt und wie diese am besten verwendet werden. Das Problem ist aber, dass auch wenn Kunden strukturierte Rechnungsstellung nutzen möchten, es oft nicht möglich ist dies voll umzusetzen, weil dann alle Parteien mitmachen müssen. Kaum einer wird versuchen seinen Lieferanten davon zu überzeugen, dass er strukturierte Rechnungen benutzt. Den meisten ist es die Mühe nicht wert. Aber es ist natürlich wichtig, dass jemand den Anfang macht, damit andere nachrücken.
Um dies zu vereinfachen, werden bei InformerOnline auf Wunsch automatisch E-Rechnungen generiert. Außerdem ist ersichtlich welche Kunden und Lieferanten ebenfalls bei PEPPOL registriert sind und mit E-Rechnungen arbeiten.
9. Wie sehen Sie die kommende Entwicklung von E-Rechnungen im B2G und B2B Bereich in Österreich? Wo sollten wir in 5 Jahren sein?
Eine Studie der EU-Kommission spricht von einem Nutzungspotential von etwa 160 Milliarden Euro jährlich für Europa. Hier ist aber eher von Mehrwertsteuerbetrug die Rede. Aus diesem Grund glaube ich auch, dass nicht der Nutzen für den Unternehmer, sondern die Mehrwertsteuer im Mittelpunkt stehen wird und diese schließlich das Thema E-Rechnungen voranbringen wird. Demnach vermute ich, dass eine EU weite Verordnung kommen wird, die vorschreibt, dass nur noch strukturierte Rechnungen über staatliche Steuersysteme wie FinanzOnline geschickt werden müssen, damit die Steuergelder besser überprüft werden können. Es kann gut sein, dass das Format hierfür dann PEPPOL-UBL sein wird. Lieber wäre mir allerdings, dass es Rechnungsprovider so wie euch gäbe, welche von der Finanzverwaltung zertifiziert werden und eine Kontroll-Schnittstelle anbieten. Dies würde euch Rechnungsprovidern nämlich nach wie vor ermöglichen im Wettbewerb mitzuspielen, innovativ zu sein und den Markt zu gestalten. Wenn der Bund hingegen auf eine eigene Lösung setzt, dann würde der Markt und das Innovationspotential zerstört werden.
Nutzungspotential in Mio. €

Informer Magazin

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